Folge 3: Wie funktioniert Data Storytelling?
Egal, was wir als User im Netz tun, überall hinterlassen wir digitale Spuren in Form von Daten. Mit den richtigen Tools können Unternehmen diese für Analysen nutzen – oder für sogenanntes „Data Storytelling“. Data Stories (Daten Geschichten) werden im Marketing immer wichtiger.
Die aus Daten gewonnen Informationen enthalten narrative Elemente, aus denen durch Visualisierung und einfach verständliche Vermittlung eine Story generiert werden kann. Eine gute Geschichte aus Daten ist dadurch charakterisiert, dass sie den Kunden emotional ergreifen kann.
Wer traditionelles Storytelling beherrscht hat schon eine gute Grundlage als Data Storyteller. Allerdings funktionieren die Präsentation von Data Stories doch noch ein bisschen anders als eine klassische Geschichte.
Jörg Hoewner ist Geschäftsführer von K12 und ein Daten-Experte. In Folge #3 des Podcasts erklärt er, was es genau mit dem Begriff „Data Storytelling“ auf sich hat, was gelungenes Data Storytelling ausmacht und wie ein solches Projekt erfolgreich umgesetzt werden kann. Folgt Jörg gerne auf Twitter, Xing und LinkedIn!
Transkript
Off-Stimme: Social Media-Expertenwissen. Der K12 Podcast. Folge 3.
Saskia: Name, Alter, Wohnort, aber auch die Lieblingsmarke, bevorzugte Uhrzeiten für das Checken von E-Mails, das Nutzungsverhalten via Smartphone. Wir hinterlassen überall im Netz unsere Spuren, und zwar in Form von Daten. Und diese kann man, wenn man möchte, als Gold des 21. Jahrhunderts bezeichnen. Um das Thema Daten kommt man also nicht drumherum. Vor allem auch, wenn man sich mit Marketing oder Kommunikation beschäftigt. Daten sind aber nicht nur für die Analyse der Zielgruppe oder für die Auswertung von Marketingmaßnahmen essenziell. Sie eignen sich auch ideal, um mit ihnen packende Geschichten zu erzählen. Und genau um dieses so genannte Data Storytelling dreht sich die dritte Folge unseres Social Media Podcasts.
Off-Stimme:Social Media-Expertenwissen. Interview.
Saskia: Wie schafft man es, aus nackten Zahlen eine packende Geschichte zu machen, die die Zielgruppe emotional abholt, um diese und weitere Data Storytelling-Fragen zu beantworten. Habe ich mit Jörg Hoewner gesprochen. Jörg ist nicht nur einer der Gründer von K12, sondern auch ein echter Datenexperte, der sich schon seit vielen Jahren mit dem Thema Daten im kommunikativen Bereich befasst.
Jörg:Data Storytelling ist ein Format, in dem aus Daten Stories generiert werden und in Form von Visualisierung, narrativen Elementen und einer anschaulichen Vermittlung von Daten komplexe Sachverhalte vermittelt werden können.
Saskia: Jörg ist übrigens zum ersten Mal mit dem Thema in Berührung gekommen, als er sich mit Datenjournalismus beschäftigt hat.
Jörg:Datenjournalismus ist n Disziplin, die gibt’s eigentlich schon ewig so. Mindestens seit den 60er Jahren. Und die hat in den letzten Jahren nochmal einen richtigen Hype erfahren. Und die Frage ist eigentlich, wie man diese Grundüberlegung des Datenjournalismus für die Kommunikationsarbeit nutzbar macht. Und daraus ist die Beschäftigung damit entstanden, weil ich gesehen habe, dass im journalistischen Bereich einfach supercoole Projekte am Start sind.
Saskia:Und supercoole Projekte lassen sich auch im Data Storytelling für bzw. als Unternehmen oder Marke umsetzen. Wer die Disziplin des klassischen Storytellings beherrscht, der hat schon mal gute Voraussetzungen für das Erstellen von Data Stories. Aber der Aufbau von Data Stories funktioniert noch ein bisschen anders.
Jörg:Im Data Storytelling hat man auch ein narratives Element, aber das hat nicht diese klassische Struktur mit Helden und einem Spannungsbogen. Sondern das narrative Element dient eher dazu, das, was in den Daten steckt, zu veranschaulichen, zu vermitteln, erlebbar zu machen. Und das ist einer der Unterschiede. Das heißt, es können Personen sein, die das narrative Element einer Data Story ausmachen, müssen es aber nichts. Während es beim klassischen Storytelling fast immer um Handelnde geht.
Saskia:Wir merken uns: Eine Data Story braucht nicht zwingend handelnde Personen, was sie aber ganz sicher braucht, sind Daten, und zwar die richtigen. Aber wie komme ich überhaupt an diese ganzen Infos?
Jörg:Es gibt natürlich öffentliche Statistiken, die man nehmen kann und mit denen man auch die eigenen Daten anreichern und kombinieren kann. Also wenn ich so zu demographische oder geographische Daten habe oder gerne wissen möchte, in welchen Straßenzügen bestimmte Durchschnittseinkommens oder Bevölkerungsstrukturen vorhanden sind, dann kommt man über Quellen wie das Destatis, also zum Bundesamt für Statistik oder Eurostat oder eben über andere Quellen, die es ja auch international gibt OECD, Weltbank und so weiter. Die führen alles, alle Datenbestände vor, die zum Teil öffentlich zugänglich sind und zum Teil auch dafür gedacht sind, dass sie ausgewertet werden. Dann gibt’s Branchenverbände, die solche Daten bereitstellen. Dann gibt’s auf Regierungsebenen oder Verwaltungsebenen eine ganze Reihe von Open Data-Initiativen, wo beispielsweise kommunale Daten bereitgestellt werden, von Budgetinformationen bis hin zu, hab ich gesehen, Fäkalverhalten von Haustieren auf Straßen. Also auch solche Geschichten gibt’s als Open Data und die kann man halt beliebig weiterverwenden. Und wenn, wenn es sowas nicht gibt, kann man drüber nachdenken, über Crowdsourcing-Initiativen was zu machen. Das heißt, dass man versucht, die Stakeholder zu aktivieren, selber Daten zu generieren oder zu liefern. Das können die Mitarbeiter sein. Das können Kunden sein, mit denen man das natürlich dann auch offenspielen muss und wo auch ein gegenseitiger Nutzen da ist. Und dann kann man eben auch Daten generieren, die vielleicht bis jetzt noch nicht da sind.
Saskia: Was wir als Agentur dabei öfter hören, ist: „Aber ich hab doch gar keine Daten. Was soll ich denn jetzt machen?“ Ja, da hat Jörg auch eine ganz klare Antwort drauf.
Jörg:Also ein Unternehmen, das keine Daten hat, gibt’s heutzutage gar nicht mehr. Also selbst wenn man „nur“, in Anführungsstrichen, also eine Boutique hat oder Frisör ist, hat man am Ende zumindest Kassendaten. Man hat Kundendaten oder was auch immer, mit dem man was machen könnte oder einfach nur wann die besten Zeiten sind, zum Haareschneiden beispielsweise. Also da kann man sich ganz, ganz viel ausdenken und eigentlich hat’s jeder. Die Frage ist eher: Wie komme ich da dran? Ansonsten kann man da total kreativ sein. Also da muss man glaube ich nur fünf Minuten drüber nachdenken und dann fallen einem ganz viele Sachen an. Also interessant ist ja immer, was Kunden mit den Produkten machen, die man selber so auf Markt bringt oder mit den Dienstleistungen. Wie wird damit umgegangen? Um auch zu veranschaulichen, wie ein bestimmtes Produkt auch im Tagesablauf eingebunden wird oder so. Oder wenn man vor einer bestimmten Herausforderung steht. Also ich bin jetzt als Unternehmen Infrastrukturanbieter, ich muss mich mit irgendwelchen Genehmigungsverfahren für Stromtrassen herumschlagen oder mit Breitbandausbau oder so. Auch da gibt’s ja ganz viele interessante Aspekte, die vermitteln können, wie, wie hoch der Bedarf zum Beispiel dafür ist. Da kann ich mit Strommengen oder Kapazitäten arbeiten. Also auch das sind ja Daten, die sind ja zum Teil sogar öffentlich zugänglich.
Saskia:Aber Vorsicht Daten können auch ein rotes Tuch sein, denn hier sind schnell Grenzen überschritten.
Jörg:Dass man jetzt einfach mit Kundendaten arbeitet und die unsensibel sind oder auch personenbezogene Daten veröffentlicht, das ist eh n No-Go. Und das ist jetzt einfach nochmal strikter. Und das ist ja auch nachvollziehbar. Was sich verändert hat, ist wahrscheinlich das Bewusstsein der Menschen, um die es vielleicht auch in einer Data Story geht. Das heißt, wenn ich eine Crowdsourcing-Aktivität plane, dann muss glaub ich mehr erklärt werden und mehr Transparenz geschaffen werden, was mit diesen Daten passiert.
Saskia:Also allein das Generieren bzw. Erheben von Daten kann eine ganz schöne Herausforderung stellen. Jörg hat mal den idealen Projektablauf für eine Data Story skizziert.
Jörg: Im Idealfall hat man schon eine grobe Idee, was man, was interessant wäre. Also eine Leitidee, zu der man sich dann überlegt: Ist die praktikabel? Also liegen da beispielsweise Daten vor, kommt man an die ran? Ist es ethisch einwandfrei, mit diesen Daten zu arbeiten? Beispielsweise werden auch Rechte verletzt, z.B. Datenschutz oder Persönlichkeitsrechte, wenn man mit diesen Daten arbeitet. Also das wird dann geklärt, nachdem man die Leitidee formuliert hat. Und wenn man die Daten dann einmal bekommen hat, geht es in die Datenbereinigung und dann wird man sich mit diesen Daten auseinandersetzen, dass man eine Exploration-Phase hat. Das heißt, man schaut: Gibt es Muster? Gibt es, bezogen auf die Idee oder Arbeitsthese, Belastbares, was darauf hindeutet? Und dann kann man die Idee entweder konkretisieren, verwerfen oder vielleicht findet man auch was ganz anderes, was vielleicht noch spannender ist und versucht auf der Basis noch zu überlegen, wie kann ich diese Informationen, die ich da jetzt finde, die Insights, wie kann ich die weiter veranschaulichen? Wie kann ich die visualisieren? Das heißt, ich arbeite einmal an den Daten weiter, an der Visualisierungsform. Auf der anderen Seite überlege ich mir: „Brauche ich Interviews dafür? Muss ich vielleicht jemanden ins Feld schicken, der vor Ort Aufnahmen macht? Oder wie kann ich das überhaupt redaktionell begleiten?“ Da ist man eigentlich dann bei einer ähnlichen Arbeitsweise, wie das sonst eben auch in der Redaktion stattfindet. So und dann wird es irgendwann eine Phase geben, wo man das zusammenführt. Also das Visuelle, das Narrative, in irgendeinem Format, das in der Regel dann natürlich digital ist, in Form einer Website zum Beispiel oder eines Long Reads und da sind wir dann bei klassischen Konzeptionsinstrumenten wie Wire Framing. Und dann stellt sich die Frage: „Wie vermarkten wir das Ganze?“ Also wir haben die Möglichkeit, einzelne Aspekte, einzelne Thesen, einzelne Botschaften einer Data Story jeweils separat z.B. in Social Media Posts zu vermarkten oder zu kommunizieren. Wir aber auch die Möglichkeit, über andere Maßnahmen nachzudenken, so kann man die Data Story mit nem Whitepaper kombinieren, also um Aufmerksamkeit zu schaffen, um dann Leads zu generieren. Dann sind wir dann bei einer klassischen Content Marketing-Aufgabe oder SEO wird ein Thema sein. Also da kann man dann schlicht und einfach über die Vermarktung nachdenken und dann ist das Projekt durch.
Saskia:Wer ein Data Story-Projekt umsetzen möchte, sollte sich dabei nicht nur idealerweise an den skizzierten Projektablauf halten, auch die entsprechenden Kompetenzen in Form von Manpower sind wichtig.
Jörg:Also auf Kundenseite brauchen wir jemanden, der ein Gefühl hat und das Potenzial sieht für, für so ein Format. Und auch bereit ist, mal ein Weg zu gehen, der jenseits einer: „Ich mache mal einen Text und suche mir zwei Stock-Bilder raus“, zu gehen ist. Innerhalb eines Teams: Selber hat man jemanden, der eine Datenkompetenz hat und es muss jetzt kein Spezialist sein. Es kann einfach jemand sein, der ein Gefühl für Daten hat und für Zahlen und auch keine Angst hat sich mit, mit Excel oder ähnlichen Tools auseinanderzusetzen. Visualisierung ist ein Thema, da braucht man eine grafische Komponente. Redaktionell braucht man jemand. Das heißt, es kann eben auch sein, dass man jemanden braucht, der sich mit Video auskennt, muss aber nicht. Am Ende braucht man auf jeden Fall jemanden, der schreiben kann und Web Development. Und um das alles zusammenzuführen jemand, der das Projektmanagement macht, der aber auch konzeptionell stark ist. Also im Extremfall sind‘s sechs Leute. Ich kenne aber auch Fälle im Freelancer-Bereich, wo es eine Person in Personalunion ist und das funktioniert auch. Da kriegt man auch coole Sachen hin.
Saskia:Ihr fragt euch, ob eure Branche für Data Storytelling geeignet ist? Die kurze Antwort: Bestimmt! Fast jede Branche eignet sich dafür. Besonders großes Potenzial sieht Jörg allerdings bei der Mobilitäts- und Energiebranche.
Jörg:Da geht‘s um Bewegung, da geht‘s um Energieverbrauch. Da geht‘s um die Geräte, die benutzt werden, Fahrzeuge und so weiter. Das ganze Verhalten und Switchen zwischen, wenn man als Privatperson n Auto nutzen, n Fahrrad nutzt oder n ÖPNV nutzt. Das ist ja nie eine Entweder-oder-Geschichte, sondern dahinter steckt immer ein bestimmtes Muster. Solche Zusammenhänge kann man natürlich auch schön aufbereiten, um so eben auch auf Themen hinzuweisen, die ansonsten sehr abstrakt bleiben. Und da sehe ich eigentlich auch keine Branche, wo man sagt ne, da ist das es so langweilig, dass man damit nichts anfangen kann.
Saskia:Aber was ist, wenn das Ganze nicht funktioniert bzw. was kann alles schiefgehen? Natürlich wollen wir das jetzt hier nicht schwarzmalen, aber ganz so leicht gehen Data Story-Projekte nicht von der Hand.
Jörg:Also die Haupt-Challenge bei dem ganzen Thema ist, dass innerhalb von Unternehmen häufig Datensilos vorhanden sind. Das heißt, man glaubt eigentlich, dass so ein modernes Unternehmen auf Datensätzen sitzt, die eigentlich nur noch exportieren muss. Und dann geht’s los. Häufig ist es halt wesentlich schwieriger, weil manchmal Sachen einfach gar nicht da sind oder eben der eine hat die Daten der andere jene, dann muss man diese unterschiedlichen Datenquellen miteinander kombinieren. Oder die unterschiedlichen Formate sind so inkompatibel zueinander und das ist einfach sehr aufwendig wird. Und das ist eigentlich die Haupt Hauptschwierigkeit bei dem ganzen Thema. Also man wird immer geile Sachen finden, aber für die Idee, die man hat, manchmal an die Daten ranzukommen, kann es eben schwierig sein. Und das zweite ist sicherlich, sich mit zu sehr um die Visualisierung zu kümmern und weniger um die Story. Es geht ja darum, dass man irgendetwas vermitteln will und da sollte man weniger draufschauen, was man mit irgendwelchen Programmen schön an Visualisierung rauskriegt. Sondern eher, was die Botschaft am besten vermittelt und was am meisten Spaß macht, auch für den Nutzer zu explorieren.
Saskia: Sind alle Herausforderungen gemeistert.Stellt sich die Frage der Vermarktung. Hier können soziale Netzwerke eine Möglichkeit sein, die Data Story effektiv einer großen Zielgruppe zur Verfügung zu stellen. Allerdings ist in Sachen Data Storytelling bisher noch wenig los auf Social Media.
Jörg:Hier fehlen mir noch die innovativen Ansätze. Also wenn ich Data Story habe, denke ich auch an die Story-Format auf Instagram oder Facebook beispielsweise. Da hab ich bisher aber noch nicht viel gesehen. Ob damit jetzt die riesen Reichweiten erzielt werden, dass man nur dafür eine Data Story entwickelt, da bin ich ein bisschen skeptisch. Aber als Begleitkanal, wo man aus ner Light Data Story weitere Unterformate für Social ableitet, das kann ich mir ganz gut vorstellen. Nur da passiert noch nicht viel. Also heißt, es ist noch ein großes Feld für alle Akteure.
Off-Stimme:Social Media-Expertenwissen. In and out.
Saskia: Data Storytelling mit Zahlen als Grundlage interessante Geschichten erzählen, ist eine Disziplin für sich. Die braucht nicht nur relevante Daten im ersten Schritt, sondern auch entsprechende Expertise in der Umsetzung. Dabei eignet sich Data Storytelling für Unternehmen, …
Jörg: … wenn sie komplexe Themen vermitteln wollen oder auch Themen, von denen sie denken: „Es interessiert sich keiner dafür, weil wir das auch nie richtig interessant vermittelt haben.“ Die werden eben auch die Chance haben, eine andere Vermittlungsform ausprobieren zu können.
Saskia: Für Social Media eignet sich Data Storytelling vor allem …
Jörg: … als Content-Lieferant für ganz viele unterschiedliche Aspekte eines Themas.
Saskia:Und ganz wichtig, der größte Fehler beim Data Storytelling ist:
Jörg: Davon auszugehen, dass Daten leicht zugänglich sind.
Saskia:Was allerdings leicht zugänglich ist, ist unser Wissen zum Thema Data Storytelling. Unser Geschäftsführer Jörg teilt es nämlich gerne mit euch, schreibt uns also bei konkreten Fragen zum Thema gerne eine E-Mail an:
Off-Stimme: somex@k-zwoelf.com.
Saskia: Wir freuen uns natürlich auch über Lob oder anderen Input. Wer nicht genug bekommt, kann auch auf unserer Podcast Website vorbeischauen. Dort gibt es die bisherigen Folgen im Archiv zum Nachhören.
Off-Stimme: somex.k-zwoelf.com.
Saskia: Ich sag vielen Dank fürs Zuhören und bis zur nächsten Folge. Ach ja, und Jörg möchte da auch noch was loswerden.
Jörg: Vielen Dank. Abonnieren, danke. Abonnieren, bitte.